Hail, Caesar! - Hurraaa Pratoni
Es ist viel passiert in den letzten Wochen und da ich nur wenig Zeit zum schreiben habe, halte ich mich möglichst kurz.
Speziell hervorzuheben ist natürlich die Woche in Pratoni. Ein wahnsinns Erlebnis, welches ich in übervollen Zügen genossen und geschätzt habe. Im Interview mit Christoph Meier erzähle ich von diesem Erlebnis:
STEP BY STEP TO THE TOP
Nadja Minder, Du hast eine Wahnsinnswoche hinter dir mit einem beeindruckenden Exploit gleich mit zwei Pferden im Testevent für die WM in Pratoni. Und ein paar Tage später reitest du in Bülach bereits wieder mehrere junge Pferde in Geländestilprüfungen. Hat dein Tag mehr als 24 Stunden?
Nein, nur ein gutes Umfeld von Menschen und Pferden.
Erzähl etwas von Pratoni. Wir als Zuschauer sahen ja einfach die sensationellen Resultate. Aber wie war’s für dich? Hast du das von dir und deinen beiden 4*-Pferden erwartet? Und wie beurteilst du den Schwierigkeitsgrad des Testevents?
Ich hätte mich mit Dressur, Springen (inkl. Zusammenarbeit mit den zuständigen Trainern) und «Lungenputzer» den Marbacher-Hügel hinauf nicht besser vorbereiten können. Die Pferde fühlten sich top an und ich wusste auch, dass ich im Cross null in der Zeit reiten möchte. Es war mein Nationenpreis Debüt und eine grosse Ehre und Vertrauensbeweis, dass ich in meinem jungen Alter die Verantwortung der Nummer eins im Team tragen durfte. Also wollte ich den Plan sicher ins Ziel bringen, um den anderen zu zeigen, dass es geht.
Hat geklappt, doch damals, als Nummer acht im Ziel, wusste ich noch nicht was es wert ist. Vielleicht konnte ich etwas dazu beitragen, dass wir so sehr daran glaubten, dass unser mit Andrew besprochener Plan funktioniert. Die Schweizer Leistung an diesem Geländetag beeindruckte mich sehr. Es war unglaublich! Vor dem Gelände sagten wir, dass das Cross nicht so schwer scheint, aber delikat. Wie sagt man: «Der schwerste Sprung ist immer der nächste.» Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte nicht kurz daran gedacht, ob ich jetzt Aquila etwas zu viel zumute für ihr zweites Vierstern. Nachdem so viel passierte. Doch in meinem Kopf wusste ich, dass sie das macht, wenn ich ihr alles richtig vor die Nase serviere. Also ging ich «full of confidence» los und es ist genauso aufgegangen, wie ich es mir dachte. In Pratoni ist natürlich das Terrain Thema Nummer 1 und ich denke, dass kann man im Voraus nur schwer einschätzen, wie sich das auf den Ablauf der Prüfung auswirkt.
Stilistisch sieht es bei dir ja meist sehr ähnlich aus auf allen Pferden. Du hast einen ruhigen Körper, die Beine immer dran, eine stabile Anlehnung und verlierst auch bei schwierigen Kombinationen nie den Rhythmus. Man hat das Gefühl, es sei für dich gar nicht so schwierig, schnell und ‘in time’ zu sein. Trotzdem sind Toblerone und Aquila unterschiedliche Pferdetypen. Wie würdest du die beiden charakterisieren?
Geländereiten geht bis jetzt sehr natürlich für mich. Speziell das hügelige Gelände liegt mir und mag ich auch sehr. Bei mir zu Hause habe ich auch Hügel und Abrütsche, über welche ich schon seit ich denken kann mit oder ohne Sattel auf und ab reite. Ich denke ich habe auch noch eine Jugendlichkeit im Sattel. Mir sagte mal jemand, dass sie wohl da und dort noch einmal mehr reingezogen hätte.
Aber ja, mit Aquila und Schöggeli habe ich unheimliche Verlasspferde unter dem Sattel und ich schätze das sehr. Ich weiss, wie es ist, mit einem Pferd in der Startbox zu stehen und zu wissen, dass es schwierig sein wird, gut ins Ziel zu kommen. Schöggeli «is such a character», einfach ein absoluter Lausbube, dem man seine Eigenheit wirklich lassen muss, sonst bekommt man Krach. Ich muss ihm den Weg zeigen, wie er besser werden kann, aber zu viel wollen oder zu ehrgeizig werden funktioniert zu 100 Prozent nicht. Doch so stelle ich mir die Reiterei schlussendlich auch vor. Er hält mich schön auf meinem Idealvorstellungs-Weg. Von Aquila muss ich gar nicht anfangen. Ihre Geschichte und ihr Fortschritt sind absolut unglaublich und wir könnten wohl ein Buch schreiben. Sie ist der absolute Traum und alles, was sie tut, ist der Wahnsinn. Ich getraue mich manchmal fast nicht, mehr von ihr zu wollen, denn sie gibt schon so absolut, unglaublich viel! Ich höre jetzt auf zu schwärmen, brechen wir es doch auf die Fuchsstute hinunter? 😉
Wie war dieser Nationencup als Teamerlebnis? Hattest du Zeit, auch die andern Schweizerleistungen zu verfolgen? War es spürbar, dass ihr euch gegenseitig beflügelt habt? Konntest du auch die Impulse der drei Disziplinentrainer umsetzen?
Absolut, für mich war es ein wunderbares Teamerlebnis, ob Trainer, Nicht-Teamreiter oder Teamreiter. Klar ist das immer einfacher, wenn es gut läuft. Aber ich für meinen Teil bin in positiven «Vibes» geschwebt, und ich hoffe, das ging den anderen auch so. Sorry, für all die Anglizismen. Ich habe ein echtes Chaos in meiner Sprache, denn auch das zeichnete uns aus, wir sprechen ein linguistisches Durcheinander untereinander.
Das konnte ich. Für mich ist es wichtig, dass es zwischenmenschlich funktioniert und alle mit einer Positivität an die Sache heran gehen, denn dann funktioniert es von Pferdemensch zu Pferdemensch meistens auch fachlich einwandfrei, denn es ist Verständnis da. Deshalb fuhr ich auch nach Marbach, um all diese Leute noch einmal zu «spüren», bevor es in den Ernstkampf geht. Es hat funktioniert.
Man darf nicht vergessen, dass das Testevent eine Kurzprüfung war. An der WM kommen ein paar Minuten und ein paar Hügel hinzu. Wie bereitest du dich darauf vor? Generell: wie sieht dein Galopptrainingskonzept aus?
Ja, das darf man nicht. Wir haben absolut keinen Grund uns auszuruhen.
Wie gesagt, habe ich vor der Haustür die perfekten Bedingungen, um Pratoni «zu spielen». Ich habe auch bereits etwas nachgebaut, da ich letzten November schon dort war. Ich reite bewusst noch eine lange Prüfung in Baborowko. Um für mich und meine Pferde mehr Routine auf diesem Niveau zu sammeln. «Wenn andere im Frühling Badminton reiten, kann ich ja noch lang eine lange Viersterne machen», habe ich mir gedacht. Wie auch immer, meine Pferde fühlen sich sehr fit an und ich werde sehen, wie sie das meistern. Bis zur WM selbst ist es dann noch ein langer Weg von Leistungsbestätigungen, Gesundbleiben und Selektionen. Da gibt es noch kein Konzept.
Du reitest recht viele unterschiedliche Pferde, teils für andere Besitzer. Und man hat immer den Eindruck, dass du aus jedem Pferd das Beste machst und es niveaugerecht einsetzt. Ich glaube, du würdest auch ein Zebra oder ein Maultier schön über eine leichte Strecke reiten. Gibt es trotzdem einen Pferdetypus, der dir besonders liegt?
Witzige Frage. Hat man diesen Eindruck? Wie auch immer, wir alle haben unsere Schwierigkeiten, das gehört dazu. Meine Gedanken sind immer in Bewegung. Ich setze mich sehr viel mit diesem Sport auseinander. Wie war es früher, wie heute? Wie handhaben die Deutschen ihre Saison, wie die Engländer oder Kiwis? Wie denken die guten Reiter, was habe ich verpasst oder nicht gesehen? Ich bin mir sicher, jemand lacht beim Lesen meiner Antworten über meine jugendliche Naivität. Doch ich denke, wir auf dem Festland tendieren dazu, dass immer alles möglichst perfekt laufen muss. Fehltritte werden sofort angeprangert, anstatt sie als Teil des Prozesses anzusehen. «Der Sport ist ein Wellblech, du musst nur immer darauf achten, dass es leicht nach oben zeigt.»
Ich sitze schon mein Leben lang auf alle möglichen Pferdetypen und habe grosse Freude daran, wenn sie auf ihrem ganz eigenen Niveau Fortschritte erzielen. Pferde sind Pferde und ich habe grossen Respekt vor ihrer Kreatur. Das vermittelt mir wohl auch meine Mutter ganz stark. Letztes Jahr hat man mich gefragt, was für einen Pferdetyp ich denn möge. Ich hatte keine Ahnung, ich ging noch nie Pferde ausprobieren zum Kaufen. Ich versuchte immer, das Beste aus dem zu machen, was ich hatte. Man würde wohl auch grosse Erfolgspferde, die man hat oder hatte, nicht unbedingt aussuchen.
Heute würde ich sagen, dass ich blütigen Stuten sehr zugetan bin. Ich behaupte nicht, dass ich meine, sie auch nur ansatzweise zu verstehen, aber ich bin ihnen zugetan. 😉
Du stellst in Bülach eine 6-jährige Stute namens Jezebelle vor, die dir gehört. Gibt es eine Geschichte dahinter? Ist das dein künftiger Top-Star?
Sie gehört nicht nur mir allein. Begeisterte Pferdebesitzer und Unterstützer haben mir das ermöglicht. Doch wir alle wissen, dass man bei jungen Pferden nie genau weiss, was wird. Aber sie gibt mir schon mal ein richtig gutes Gefühl, und stell dir vor: Es ist eine ¾-Blüter- Stute. 😉
Du bist 22, Robin 23 – und ihr seid ganz unbekümmert dran, die Weltspitze aufzumischen und altgedienten Stars um die Ohren zu reiten. Wer und was steckt alles hinter deiner beeindruckenden Karriere? Spannend wäre auch ein kleiner Einblick in dein Heim-Team und ein paar Worte zum Arbeitsalltag bei euch?
Wir werden sehen, wie wir da bestehen können, doch es macht sicher hungrig auf mehr. Wenn man jung ist geht alles Schlag auf Schlag und man hat wenig Zeit, um sein Tun zu reflektieren. Man weiss ja noch gar nicht, was man hat, wo man steht und wo man was einordnen kann. Alle sagen dir, du hast viel Zeit, und doch können die Resultate nicht schnell genug kommen. Wir als eifrige junge Reiter wohl allen voran. Ausserdem ist Sport unheimlich schnelllebig, da leuchtet immer wieder ein anderer Stern heller als der andere.
Aber ja, in dieser Position heute zu sein ist nicht möglich ohne ein super Umfeld. Ich fragte meine Eltern, ob sie dabei sind, mich bis zur Olympia-Teilnahme, der grosse Traum, tatkräftig zu unterstützen. Sie willigten ein und seit da bewegen wir uns alle in eine Richtung. Viele Unterstützer, in welchen Bereichen auch immer, leben mit mir voller Begeisterung diesen Sport und Traum. Unser Stall zu Hause ist absolut kein Sportsstall, doch es ist friedlich und die Pferde dürfen Pferde sein. Unkompliziert und mit viel Beobachtungsgabe bewältigen wir unseren Alltag mit ihnen.
Hast du noch einen Tipp für all die Fans, die irgendwann auch so gut reiten möchten wie Du?
«Trust the process»
Man eilt von da nach dort und das Gute war nicht genug und das Bessere nicht perfekt. Am Ende passiert das Leben und wir sehen alle, wo wir landen. Es ist Teil des grossen Ganzen und alles Geschehene macht uns zu dem, was wir heute sind. Es hört sich kitschig an, doch ich frage mich, wenn man sich über belanglose Sachen nervt, ob wir es nicht besser wissen sollten? Ich glaube sehr daran, dass man dem eigenen Entwicklungs-Prozess vertrauen sollte.
Und gross träumen, denn diese zu verfolgen ist die Luft, die man im Alltag atmet. Ach, und seid euch nicht zu schade, um sogenannte Drecksarbeit zu erledigen. Es schadet nicht.
Vielen Dank dem Swiss Eventing Club und Christoph Meier für das spannende Interview, die Bilder und das Schwelgen in wunderbaren Erlebnissen!
Pratoni wurde sehr aufwändig von fei.tv übertragen. Hier die einzelnen Links:
Schöggeli: 01:15:15
Aquila: 03:50:00
Schöggeli: 44:19
Aquila: 03:45:01
Aquila: 59:00
Schöggeli: 02:24:40
Auch ganz spannend: Die Team-Entscheidung zu schauen.
Und die Siegerehrung natürlich. ;-)))
Saumur
Zudem waren wir Ende April mit drei Pferden in Saumur zu Gast für die Dreisterne. Mathurin v/d Vogelzang, im Besitz von Therese und Hugues Lüdi, und Victroyhope Treille und Top Job’s Jalisco, im Besitz von Peter Attinger zeigten durchs Band sehr gute Leistungen. Vicky konnte sich mit 31 Schlusspunkten knapp klassieren, doch sonst hat es bei dem riesigen Starterfeld Resultatmässig nichts Erwähnenswertes geben. Was die einzelnen Leistungen auf keinen Fall schmälern sollte, denn die andern fügten nur einen Spring- und etwas Zeitfehler zum guten Dressurresultat hinzu.
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